Der Gebärmutterhals (Zervix)

Ein Teil der Gebärmutter

Der Gebärmutterhals ist der kaudale (hintere, in Richtung Schwanz der Kuh zeigende) Teil der Gebärmutter.

Der anatomische Aufbau der Zervix

Der Gebärmutterhals beginnt am Ende der Scheide mit dem äusseren Muttermund und endet im Gebärmutterkörper mit dem inneren Muttermund. Der äussere Muttermund (Portio vaginalis) ragt wie ein Zapfen in die Scheide vor.

Hohe Querfalten

Die Zervix schliesst die Gebärmutter nach aussen ab. Drei bis vier knorpelartige Querfalten greifen ineinander und machen ihren Kanal zu. Die äusserste Falte bildet gleichzeitig den äusseren, die innerste den inneren Muttermund. Ausserdem ist die Schleimhaut längs unterschiedlich hoch und tief gefältelt.

Derbe Struktur

Die Wand der Zervix besteht aus sehr derbem Bindegewebe und vielen glatten Muskelfasern. Diese feste Struktur lässt sich bei einer rektalen Untersuchung vom Rest der Gebärmutter und der Scheide gut abgrenzen.

Samendeponie

Im Natursprung setzt der Stier seinen Samen vor dem äusseren Muttermund ab. Die Spermien müssen den Weg durch die Zervix selbst bewältigen.

Bei der künstlichen Besamung wird der Weg der Spermien durch die Zervix abgekürzt. Dazu muss das Besamungsgerät durch die Zervix bis kurz nach dem Inneren Muttermund eingeführt werden. Hier wird der Samen deponiert.

Zervix-Griff

Bei der künstlichen Besamung muss die Zervix mit der Hand durch das Rektum der Kuh fest fixiert werden. Der „Zervix-Griff“ nach Lehrbuch umgreift sie dazu von oben. Die Fixierung ist für viele Anfänger eine Überwindung.

Wichtig: Sobald die Kuh presst, die Zervix loslassen und zulassen, dass die Hand durch die Darmperistaltik schwanzwärts zurück geschoben wird - Nicht gegen die Kuh arbeiten !

Praxis-Tipp

Tierärztin Jutta  erklärt neuen Besamungstechnikern zu Beginn ihrer Ausbildung: Für Besamungs-Anfänger ist das Auffinden der Zervix im Becken der Kuh der erste Schritt. Die Zervix liegt dabei immer unten auf dem Beckenboden. Dabei kann man sich gut anhand der Beckensymphyse orientieren: Einem kleinen Grat, in dem die beiden Beckenknochen miteinander verwachsen sind. Auf diesem Huckelchen liegt eine Struktur, die sich anfühlt wie eine Cervelat: Das ist die Zervix.

Zu erhebende Parameter

Bei jeder rektalen Untersuchung sollte die Zervix folgendermassen beurteilt werden:

Die Länge der Zervix

Die Länge der Zervix ist altersabhängig verschieden: Bei Rindern ca. 6 – 7 cm, bei älteren Kühen: 10 – 15 cm

Der Durchmesser der Zervix

Spätestens sechs Wochen nach der Geburt sollte der Durchmesser maximal 5 cm sein. Mehr spricht laut einer britischen Studie für eine kranke Gebärmutter (Endometritis).

Die Form der Zervix

Die Zervix ist normalerweise zylindrisch (vorne und hinten gleich dick). In Ausnahmefällen haben Kühe eine konische Zervix (vorne oder hinten verdickt). Dies deutet auf eine Vernarbung, eine Entzündung oder (v.a. bei Rindern) eine Cervix Duplex hin.

Beurteilung Muttermund

Während einer vaginalen Untersuchung mit einem Scheidenrohr können die Öffnung, Schleimhautfarbe und Sekrete des Muttermunds gut beurteilt werden.

Offen oder Verschlossen?

Je nach Zyklusstand sind Muttermund und Zervix unterschiedlich geöffnet oder verschlossen. Der Widerstand, den der/die BesamerIn während der Passage mit dem Besamungsgerät fühlt, ist Bestandteil der Codierung der Besamungstauglichkeit.

In der Zwischenbrunst

Die Falten der Zervix verschliessen die Gebärmutter ausserhalb der Brunst. Der Weg z.B. mit einem Embryotransfergerät ist Zick-Zack und mit Sackgassen gespickt. Das braucht Fingerspitzengefühl und Geduld!

In der Brunst

Bei einer stierigen Kuh öffnen sich Muttermund und Zervikalkanal. Die Spermien aus einem Natursprung müssen den Weg durch die Zervix anhand des Brunstschleims, den ihre Schleimhaut produziert, bewältigen.

In der Trächtigkeit

Während der Trächtigkeit verschliesst ein zäher Schleim alle Falten der Zervix hermetisch. Ein Schleimpfropf verklebt den äusseren Muttermund. Bei tragenden Kühen hängt oft etwas von diesem honigartigen Schleim am Schwanz.

In der Geburt

Das Organ muss sich öffnen. Dazu weicht zunächst das Bindegewebe auf. Ausserdem dehnt sich das Gewebe, indem das Kalb unter den Wehen mit der Stirn von innen gegen den inneren Muttermund gedrückt wird.

Die Zervix als Geburtshindernis

Eine Enge im Zervikalkanal ist ein häufiger Grund (ca. 9%) einer Schwergeburt.

Ursachen für eine mangelhafte Zervixöffnung sind

  • hormonelle Störungen
  • eine schlechte Reaktion des Gewebes auf Steuerungsreize
  • eine Vernarbung des Organs durch vorausgehende Verletzungen.

Eine unvollständige Weite der Zervix endet in der Regel in einem Kaiserschnitt.

Anatomische Besonderheit: Cervix duplex

In der Embryonalentwicklung des weiblichen Kalbs sind alle Geschlechtsorgane zunächst doppelt (paarig) angelegt. Die doppelten Rohre von Scheide und Zervix verschmelzen bis zu seiner Geburt normalerweise zu einem einzigen.

Manchmal ist diese Verschmelzung allerdings unvollständig.

Diese Tiere haben dann Schleimhautspangen in der Scheide, zwei äussere Muttermünder oder sogar einen doppelten Zervikalkanal. Meist endet einer dieser Kanäle in einer Sackgasse.

Stark konische Form

Eine Zervix mit einem deutlich verdickten Ende kann für einen doppelten Muttermund verdächtig sein - vor allem bei Rindern, die noch keine Vernarbungen aus Geburtsverletzungen etc. haben können

Zufällig entdeckt

Oft ist eine Zervix duplex ein reiner Zufallsbefund z.B. bei einer vaginalen Untersuchung – ohne Auswirkung auf Fruchtbarkeit oder den Geburtsablauf.

 

 

Durchgängig oder nicht?

Es kann bei einer vaginalen Untersuchung nicht vorhergesagt werden, welcher „Eingang“ der beiden Möglichkeiten durchgängig ist.

Achtung: Sackgasse

Bleibt das Besamungsgerät in der Sackgasse des „blinden Zervikalkanals“ stecken, hilft nur eines: Zurückziehen und vollkommen neu beginnen!